Dokumente, Daten und Informationen, die übersetzt werden sollen, können mehr oder weniger „übersetzungsgerecht“ verfasst und vorbereitet werden. Hier erfahren Sie, wie Sie Mehraufwand bei der Übersetzung vermeiden.
Bei vielen Informationen, Daten und Dokumenten ist von vorneherein klar, dass sie auch in englischer, französischer, … Übersetzung bereitgestellt werden sollen – bei anderen fällt die Entscheidung erst später. Im ersten Fall lohnt es sich auf jeden Fall, die Informationen so vorzubereiten, dass sie leicht übersetzt werden können, im zweiten Fall kann sich eine (übersetzungsgerechte) Überarbeitung lohnen.
Was bedeutet „übersetzungsgerecht“?
Der 2021 erstmals erarbeiteten und 2022 veröffentlichten Norm DIN 8579 „Übersetzungsgerechtes Schreiben – Texterstellung und Textbewertung“ zufolge, die vor allem technischen Redakteur/-innen Hinweise für die spätere Übersetzbarkeit von Fachtexten gibt, hängt eine gute Übersetzbarkeit durch Menschen und Maschinen von den folgenden Faktoren ab:
- Text: korrekte und konsistente Rechtschreibung und Grammatik, klare Syntax und Textstrukturierung (Schachtelsätze vermeiden), klarer Sprachstil, eindeutige Terminologie (Vermeidung von Synonymen), Abkürzungen vermeiden oder nur mit Erklärung bei erster Verwendung bzw. Abkürzungsverzeichnis, Art der Leseransprache, etc.
- Layout und eingebettete Medien: Unterteilung (Segmentierung) und Anordnung von Inhalten, Verlinkungen und Referenzen, Bilder (Pixelgrafiken) sollten keine Texte enthalten (Nummern mit Legende als Text oder überlagernde Textfelder bieten sich an), Formatvorlagen und automatisierte Verzeichnisse nutzen, …
- Dateiformat bzw. Medium: Digitale Formate sind vor Papier zu bevorzugen, der Übersetzer muss das Format lesen bzw. ein Papierdokument gut scannen und vorverarbeiten können. Passen Zeichenkodierung (UTF-8?) und Gebietsschema?
- Referenzmaterial: Gibt es Styleguides, die zu beachten sind? Ein- oder zweisprachige Vorversionen oder Paralleldokumente, die Sie dem Übersetzer bereitstellen können? Glossare oder Terminologien, die bei der Übersetzungsarbeit helfen?
Viele dieser Anforderungen treffen auch auf andere Textsorten als technische Dokumentation und fachliche Informationsprodukte zu.
Wieso senkt übersetzungsgerechtes Schreiben meine Kosten?
Ganz einfach: Wenn professionelle Übersetzer/-innen am Text arbeiten, ersetzen sie nicht Worte durch Worte in einer anderen Sprache, sie übertragen die Bedeutung und beziehen dabei kulturelle Unterschiede ein. Je leichter es ihnen fällt, Texte zu lesen und zu verstehen, desto schneller (er-)finden sie die passende Entsprechung in der Zielsprache.
Fehler im Text, ein uneindeutiges Layout, unveränderliche Bildinhalte, die manuell mit Text überlagert werden müssen, schwer zugängliche Dateiformate und fehlende Hintergrundinformationen erschweren die Übersetzungsarbeit unnötig, sie kosten Zeit – und Zeit ist Geld! Übrigens betrifft das nicht nur die Zeit der Übersetzerin oder des Übersetzers, denn Sie vermeiden Verzögerungen durch Rückfragen und können die früher gelieferten Informationen eher für den benötigten Zweck verwenden.
Fallbeispiel: Zweisprachiges Dokument
Vertragliche Anforderungen sollen nicht, wie meist üblich, als begleitendes Extra-Dokument in der Fremdsprache geliefert werden, sondern in jeder Überschrift nach einem Spiegelstrich und nach jedem Absatz als neuer Absatz in der Fremdsprache hinzugefügt werden, damit beide Texte direkt vergleichend gelesen werden können.
Im Normalfall würde der Übersetzer das Dokument in sein CAT-Tool laden, es mit den üblichen technischen Helferlein – wie Rechtschreib-, Zahlen- und Stilprüfung, Terminologiedatenbank, Translation Memory und/oder Maschinenvorübersetzung – übersetzen, es dann lektorieren (oder von einer Kollegin lektorieren lassen) und am Ende ein fertiges fremdsprachliches Dokument exportieren und zuschicken.
In diesem Fall jedoch muss der Übersetzer erst alle Inhalte per „Kopieren und Einfügen“ klonen und dann die Ausgangssprache „ausgeblendet“ formatieren, damit das CAT-Tool sie ignoriert – je nach Dokumentenlänge leicht ein Mehraufwand von 20 bis 90 Minuten. Danach kann die Übersetzung wie gehabt durchgeführt werden. Nach dem Export müssen dann die ausgeblendeten Ursprungsinhalte alle wieder eingeblendet und das Layout und die Formatierung angepasst werden, denn das Dokument ist nun etwa doppelt so lang und alle Seitenumbrüche haben sich verschoben, außerdem sollen die übersetzten Texte alle kursiv und blau gesetzt werden, zudem muss die Sprache der Rechtschreibprüfung für die Ausgangstexte auf die ursprüngliche Sprache zurückgestellt werden, damit nicht alles rot unterstrichen erscheint – leicht noch einmal eine Nacharbeit von 20 bis 90 Minuten.
Allein die Entscheidung, wie die Übersetzung dargestellt werden soll, hat in diesem Beispiel also vielleicht 250 Euro netto Mehrkosten über die reinen Übersetzungskosten hinaus verursacht.
Alternativen wären gewesen:
- Konsequente Nutzung von Formatvorlagen und Tabstopps statt direkte Formatierungen und Einrückung per mehrmaliger Tabs oder Leerzeichen, um das Aussehen von übersetzten Absätzen dokumentenweit mit ein paar wenigen Klicks anzupassen.
- ggf. Layout als zweispaltige Tabelle mit Originalsprache links und Zielsprache rechts. Dann lassen sich alle Inhalte derselben Sprache leicht markieren und ihr Format ändern – auch wenn die Lösung über Formatvorlagen klar zu bevorzugen ist.
- Separate fremdsprachliche Dokumentenfassung mit gleichem Layout, sodass Leser/-innen beide Dokumente parallel lesen können – dies ist für den Übersetzer am einfachsten, aber vielleicht in diesem Fall nicht am leserfreundlichsten.
In jedem Fall bietet es sich an, Ihren Übersetzer oder Ihre Übersetzerin schon früh im Projekt zu fragen, ob sie bereits bei der Erstellung der Quelltexte hilfreiche Hinweise und Tipps beitragen können, die am Ende allen Beteiligten das Leben leichter machen und Zeit und Geld sparen.
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